Im Winter 2016 hatten Chris und ich uns eher zufällig und wenig zielgerichtet über Sportarten unterhalten, die wir gemeinsam durchführen könnten und da wir beide gern in den Bergen unterwegs sind, kamen wir relativ schnell auf die Idee doch einmal Klettern auszuprobieren. Doch zuerst holte uns der Alltag ein und das Thema verschwand wieder in einer Schublade. Es dauerte bis Februar 2017, bis ich die erste Email an das High East in Heimstätten schrieb, um nach Kletterkursen zu fragen, an denen auch blinde Menschen teilnehmen können.
Die Kontaktaufnahme verlief problemlos, ich wurde aber um ein persönliches Telefonat gebeten, um die Eckdaten zu klären. Nachdem ich dabei wohl glaubhaft versichern konnte, dass wenigstens einer von uns „normal“ sieht und wir auch sonst viel in den Bergen wandern, wurde uns ein privater Toprope Kurs von 2 x 3,5 Stunden vorgeschlagen. Beim Vorstiegskurs gab es derzeit Sicherheitsbedenken, da z.B. falsch eingehängte Exen nicht von unten gesehen, oder ein Sturz erst sehr spät erkannt werden können. Da wir aber beide keine nennenswerte Klettererfahrung hatten, waren wir, vorerst, mit dem Toprope Kurs völlig zufrieden.
Ein Trainer, der den Kurs mit uns abhalten würde, war schnell gefunden und so standen wir Anfang März tatsächlich das erste mal in der Kletterhalle.
Los ging es mit etwas Materialkunde, gefolgt von unseren ersten doppelten Achterknoten. Während ich von meinem in meiner Jugend gesammelten Halbwissen und natürlich auch vom einfachen visuellen Nachmachen profitierte, hatte Chris am Anfang mehr Schwierigkeiten mit dem zu kurzen/zu langem/zu losen/ etc. Knoten. Unser Trainer hatte aber auch für Ihn ein paar gute Tipps auf Lager, z.B. dem Seil nach der ersten 8 einfach immer folgen, um zu einer doppelten 8 zu kommen.
Danach ging es gleich das erste mal an die Toprope Wand mit ca. 6m Höhe. Wir testeten nacheinander verschiedene Sicherungsgeräte und wechselten uns beim Sichern und Klettern ab. Nach ca. zwei einhalb Stunden hatten wir soweit alle Basics verstanden, schon eine Präferenz für den Sicherer (Mammut Smart) gefunden und waren körperlich gut fertig, da wir ja wie oben erwähnt nur zu zweit im Kurs waren und deshalb keine Pausen gemacht haben. Unser Trainer war am ersten Tag gnädig mit uns, und so übten wir die verbleibende halbe Stunde noch ein paar 8er Knoten und machten noch etwas Theorie.
Direkt am nächsten Abend ging es weiter. Nach einer kurzen Wiederholung der Inhalte des Vortages im Kursbereich, standen wir das erste mal unten vor der 18m hohen wand. Bevor ich mich versah war ich auch schon ganz oben am Umlenker angekommen, Chris sicherte. Danach wurden die Rollen getauscht, und auch wenn es länger dauerte, weil Chris sich ja erst die passenden Griffe suchen muss, stand auch er bald ganz oben. Als nächstes waren Sturzübungen angesagt, die für mich als Fallende eher unspektakulär abliefen. Anders sah die Sache beim Sichern aus. Als ich das erste mal vom Seil Richtung Wand gezogen wurde, hatte ich nichts besseres zu tun, als die Hand vom Sicherer zu nehmen und mich damit an der Wand abzustützen. Nach 3 bis 4 Wiederholungen hatte ich mich aber an das Gefühl des hochgerissen werdens gewöhnt und Chris durfte, wahrscheinlich auch zu seiner Erleichterung, wieder runter. Danach wechselten wir noch einmal die Route und kletterten selbständig, aber unter Aufsicht unseres Trainers, drauf los. Es gab hier und da für uns noch ein paar Hinweise zum schnelleren Einziehen des Seiles, zur Seilführung und für mich noch den Hinweis, das dass seil nicht verdreht bzw. über kreuz zum Umlenker laufen sollte. Da wir auch heute wieder gut geschafft waren, entließ uns unser Trainer mit dem Hinweis, das man Klettern und Sichern nur durch mehr Klettern und Sichern erlernt. Frei nach dem Motto viel hilft viel.
An der Theke bekamen wir noch zwei Teilnahmebestätigungen und machten uns mit anständigen Muskelkater und auch ein bisschen Stolz und Vorfreude auf die ersten eigenen Klettererfahrungen ohne Trainer, auf den Heimweg.
Klasse Sache. Ich habe das auch mal ausprobiert. Vor Jahren gab es mal einen Kurs für blinde Eltern mit sehenden Kindern.